Als ITler hat man es manchmal schwer, einem Kunden den Umfang einer Lösung klar zu machen: "Nein, so einfach ist eine hochverfügbare Webserver-Lösung mit Datenbank nicht zu realisieren. Das wird richtig aufwändig. Und teuer. Und Sie sollten sich gut überlegen, ob der Nutzen wirklich den Kosten angemessen ist..."
Daher kann ich mir gut vorstellen, wie es gerade den Kriminologen und Datenschützern geht. "Nein, lieber BDK, liebe GdP, so einfach ist das mit DNS-Proben aller Straffälligen nicht. Das wird richtig aufwändig. Und teuer. Und ihr solltet euch gut überlegen, ob der Nutzen..."
Wenn sich der niedersächsische Innenminister Schünemann dafür ausspricht, in Zukunft jedem (!) Straffälligen einen "genetischen Fingerabdruck" zu nehmen, dann hat er wohl noch nicht verstanden, dass dabei kein Stempelkissen im Spiel ist. Als Spitzenpolitiker kann man doch nicht ernsthaft glauben, dass der Aufwand und die Kosten, jedem Schwarzfahrer und Ladendieb eine DNS-Probe zu nehmen, zusammen mit der Einschränkung derer Persönlichkeitsrechte, gerechtfertigt sind! Oder geht Herr Schünemann wirklich davon aus, dass in jedem Hütchenspieler die Anlagen zum Gewaltverbrecher stecken?
Selbst aus Bayern hört man leicht Gemäßigteres: Innenminister Beckstein sieht den Bedarf einer DNA-Analyse "nur" dort, wo auch der physische Fingerabdruck genommen wird. Und das findet ja beileibe nicht bei jedem Schwarzfahrer statt.
Und dass man auf die Erfolge im Fall Mooshammer keineswegs gleich mit spontanem Hurra-Opportunismus reagieren muss, demonstrieren u.a. Stellungnahmen der Grünen und der FDP. Dort hat man offenbar das Urteil des BVG, das Genanalysen enge Grenzen setzt, besser verstanden.
Genanalysen können schon heute nicht nur Verbindungen zwischen Spuren und Tätern herstellen, sie liefern gleich noch eine Vielzahl weiterer Informationen mit, über Krankheiten zum Beispiel. Alle diese Informationen auf unbegründeten Verdacht hin zu erheben und zu speichern, schränkt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in einer Weise ein, die vor allem in den Augen der Datenschützer nicht zu rechtfertigen ist. Dabei gehört diese zu den Freiheits- und Bürgerrechten, die laut unserer Verfassung auch Straffälligen grundsätzlich zustehen. Sie schützen uns Bürger vor staatlicher Willkür und vor Benachteiligung, sie sichern den Fortbestand unserer Demokratie. Eben diese Rechte werden jedoch derzeit unter dem Deckmantel von Sicherheit und Verbrechensbekämpfung immer weiter abgebaut. Das ist für mich nicht mehr als billiger Aktionismus und Populismus.
DNS-Analyse ist ganz klar eine starke Waffe im Kampf gegen Gewalt- und Sexualstraftäter. Sie deshalb gleich im Gießkannenprinzip in allen Fällen kleiner und großer Kriminalität anwenden zu wollen, zeugt jedoch davon, dass ein hohes Amt in Politik und Behörden nicht mit hoher Kompetenz gleichzusetzen ist.
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